Steuerliche Einordnung der Einkünfte aus Pflegetätigkeit

Ein Kran­ken­pfle­ge­be­trei­ber ohne eigene Qua­li­fi­ka­ti­on als exami­nier­ter Kran­ken­pfle­ger oder exami­nier­te Kran­ken­schwes­ter übt keinen ähn­li­chen Heil­be­ruf i.S.v. § 18 Abs. 1 Satz 1–2 EStG aus und kann daher im Übrigen auch nicht leitend und eigen­ver­ant­wort­lich i.S. v. § 18 Abs. 1 Satz 3 EStG fach­lich vor­ge­bil­de­te Arbeits­kräf­te ein­set­zen, ohne dass es noch auf deren Zahl und deren Kon­trol­le ankommt. Es liegen also bei feh­len­der eigener Qua­li­fi­ka­ti­on gewerb­li­che Ein­künf­te u. a. mit der Folge der Gewer­be­steu­er­pflicht vor ( § 15 EStG ), (FG Hamburg, 30.09.2003 – III 347/03, EFG 2004, 409).

Für die ertrag- bzw. gewer­be­steu­er­li­che Abgren­zung der den im Gesetz genann­ten Heil­be­ru­fen ähn­li­chen Heil­be­ru­fe ist abzu­stel­len auf eine mit ers­te­ren ver­gleich­ba­re staat­li­che Auf­sicht ein­schließ­lich gesetz­lich gere­gel­ter Berufs­aus­bil­dung oder Erlaub­nis zur Aus­übung des Berufs unter der geschütz­ten Berufsbezeichnung.

Ohne das ent­spre­chen­de Examen kann keine ähn­li­che Tätig­keit im Sinne der vor­be­zeich­ne­ten Vor­schrif­ten des § 18 EStG aus­ge­übt werden, weder als Kran­ken­pfle­ge­hel­fer oder Schwes­tern­hel­fe­rin noch auf­grund ander­wei­tig erwor­be­ner Kennt­nis­se. Ent­spre­chen­des gilt für die Alten­pfle­ge ( § 1 Alten­pfle­ge­ge­setz ‑AltPflG- ).

Ambu­lan­te Kran­ken­pfle­ger mit ent­spre­chen­der Qua­li­fi­ka­ti­on können trotz des Ein­sat­zes von Mit­ar­bei­tern frei­be­ruf­lich (Ein­künf­te aus selbst­stän­di­ger Arbeit) tätig sein, wenn jeder Patient wöchent­lich vom Betriebs­in­ha­ber oder bei einer Kran­ken­pfle­­ger-GbR von einem Gesell­schaf­ter per­sön­lich auf­ge­sucht wird. Frei­be­ruf­li­che Behand­lungs­pfle­ge wird bei geson­der­ter Erfas­sung nicht durch gering­fü­gi­ge Grund­pfle­ge und haus­wirt­schaft­li­che Ver­sor­gung als gewerb­lich indi­ziert (FG Hamburg, 22.01.2003 – III 186/01, EFG 2003, 1016).

Ein selbst­stän­dig tätiger Kran­ken­pfle­ger kann Ein­künf­te aus einer frei­be­ruf­li­chen Tätig­keit erzie­len, wenn er Leis­tun­gen der häus­li­chen Kran­ken­pfle­ge erbringt. Bedient er sich dabei qua­li­fi­zier­ten Per­so­nals, setzt eine lei­ten­de und eigen­ver­ant­wort­li­che Tätig­keit voraus, dass er auch selbst gegen­über jedem Pati­en­ten pfle­ge­risch tätig wird. Die frei­be­ruf­li­che Kran­ken­pfle­ge setzt per­sön­li­che Bezie­hun­gen zur weitaus über­wie­gen­den Zahl der Pati­en­ten voraus (BFH, 13.06.2003 – IV B 171/01, BFH/NV 2003, 1414). Leis­tun­gen der häus­li­chen Pfle­ge­hil­fe führen zu Ein­künf­ten aus Gewer­be­be­trieb (BFH, 22.01.2004 – IV R 51/01).

Leis­tun­gen eines Pfle­ge­diens­tes als haus­halts­na­he Dienstleistungen
Die Kosten für die Inan­spruch­nah­me eines Pfle­ge­diens­tes für sich selbst oder für die Betreu­ung von Fami­li­en­an­ge­hö­ri­gen im Pri­vat­haus­halt, z.B. durch mobile Pfle­ge­diens­te, werden im Rahmen der haus­halts­na­hen Dienst­leis­tun­gen gem. § 35a Abs. 2 EStG steu­er­lich aner­kannt. Es können 20 Prozent der Kosten geltend gemacht werden (Höchst­be­trag 4.000 EUR jährlich).

Ab dem Ver­an­la­gungs­zeit­raum 2009 sind die Auf­wen­dun­gen für haus­halts­na­he Pflege- und Betreu­ungs­leis­tun­gen mit in dem För­der­tat­be­stand des § 35a Abs. 2 EStG auf­ge­gan­gen. Die Fest­stel­lung und der Nach­weis einer Pfle­ge­be­dürf­tig­keit oder der Bezug von Leis­tun­gen der Pfle­ge­ver­si­che­rung sowie eine Unter­schei­dung nach Pfle­ge­stu­fen ist damit ab 2009 nicht mehr erfor­der­lich. Es reicht aus, wenn Dienst­leis­tun­gen zur Grund­pfle­ge, d. h. zur unmit­tel­ba­ren Pflege am Men­schen (Kör­per­pfle­ge, Ernäh­rung und Mobi­li­tät) oder zur Betreu­ung in Anspruch genom­men werden. Die Steu­er­ermä­ßi­gung steht neben der pfle­ge­be­dürf­ti­gen Person auch anderen Per­so­nen zu, wenn diese für Pflege- oder Betreu­ungs­leis­tun­gen auf­kom­men, die in ihrem im Inland oder in einem anderen Mit­glied­staat der Euro­päi­schen Union oder im Euro­päi­schen Wirt­schafts­raum lie­gen­den Haus­halt bzw. im Haus­halt der gepfleg­ten oder betreu­ten Person durch­ge­führt werden. Die Steu­er­ermä­ßi­gung ist haus­halts­be­zo­gen. Werden z. B. zwei pfle­ge­be­dürf­ti­ge Per­so­nen in einem Haus­halt gepflegt, kann die Steu­er­ermä­ßi­gung nur einmal in Anspruch genom­men werden.

Auf­wen­dun­gen für Gärtner und Fens­ter­rei­ni­gungs­un­ter­neh­men: 2.000 EUR
Steu­er­ermä­ßi­gung 20 % von 2.000 EUR = 400 EUR
(Höchst­be­trag: 1.200 EUR)
Auf­wen­dun­gen für Betreu­ungs­leis­tun­gen Pfle­ge­be­dürf­ti­ger Pfle­ge­stu­fe I: 4.000 EUR
Steu­er­ermä­ßi­gung 20 % = 800 EUR
(Höchst­be­trag: 4.000 EUR)
Summe: 1.200 EUR

Ein pfle­ge­be­dürf­ti­ger Steu­er­pflich­ti­ger der Pfle­ge­stu­fe II mit dau­er­haf­ter Ein­schrän­kung seiner All­tags­kom­pe­tenz erhält in seinem eigenen Haus­halt Pfle­ge­sach­leis­tun­gen in Form einer häus­li­chen Pfle­ge­hil­fe sowie zusätz­li­cher Betreu­ung. Er nimmt dafür einen exter­nen Pfle­ge­dienst in Anspruch. Die monat­li­chen Auf­wen­dun­gen dafür betra­gen 1.400 EUR. Die Pfle­ge­ver­si­che­rung über­nimmt die Auf­wen­dun­gen in Höhe von monat­lich 980 EUR ( § 36 Abs. 3 Nr. 2. a SGB XI ). Darüber hinaus erhält der Steu­er­pflich­ti­ge einen zusätz­li­chen Kos­ten­er­satz nach § 45b SGB XI in Höhe von monat­lich 100 EUR.

Lösung:
Es handelt sich um die Inan­spruch­nah­me von Pflege- und Betreu­ungs­leis­tun­gen i. S. des § 35a Abs. 2 Satz 2 EStG , für die der Steu­er­pflich­ti­ge eine Steu­er­ermä­ßi­gung in Anspruch nehmen kann. Die Beträge nach § 36 Abs. 3 Nr. 2. a SGB XI sowie der Kos­ten­er­satz nach § 45b SGB XI sind anzurechnen.
Die Steu­er­ermä­ßi­gung für die Pflege- und Betreu­ungs­leis­tun­gen wird wie folgt berechnet:
1.400 EUR x 12 Monate: 16.800 EUR
abzgl. (980 EUR + 100 EUR) x 12 Monate: 12.960 EUR
ver­blei­ben­de Eigen­leis­tung: 3.840 EUR
davon 20 % = 768 EUR
(Höchst­be­trag: 4.000 EUR)
Der Steu­er­pflich­ti­ge kann 768 EUR als Steu­er­ermä­ßi­gungs­be­trag in Anspruch nehmen.
Eine pfle­ge­be­dürf­ti­ge Steu­er­pflich­ti­ge der Pfle­ge­stu­fe I bean­tragt anstel­le der häus­li­chen Pfle­ge­hil­fe ( § 36 SGB XI ) ein Pfle­ge­geld nach § 37 SGB XI . Sie erhält monat­lich 215 EUR. Die Steu­er­pflich­ti­ge nimmt für ihren häus­li­chen Pflege- und Betreu­ungs­be­darf zusätz­lich ein­zel­ne Pfle­ge­ein­sät­ze eines pro­fes­sio­nel­len Pfle­ge­diens­tes in Anspruch. Die Auf­wen­dun­gen dafür betra­gen jähr­lich 1.800 EUR.